Sprachen im Überlebenskampf

15. Februar 2025

Vom Ursprung zur Zweispaltung

Im Rahmen des Deutschunterrichts haben wir uns in die Sprachgeschichte indoeuropäischer Sprachen vertieft. Dabei haben wir uns auf die Veränderung, die Sprachen durchgemacht haben, wie auch Merkmale, anhand derer man heute Sprachgruppen bestimmen kann, fokussiert. Im Folgenden werde ich spezifisch auf die Entwicklung und damit verbundene Zweiteilung der deutschen Sprache eingehen.

Den Beginn nahm das Ganze, als vor ca. 8000 südlich des Kaukasus eine indoeuropäische Ursprache entstand. Von dort aus wanderten dann später Menschen Richtung Mitteleuropa. Dort gab es über eine lange Zeit immer wieder Neubildungen und Auflösungen von Stämmen. Dies führte zu zahlreichen Variationen und Varianten des ursprünglichen Indoeuropäischen. Springt man in der Zeit zu 2000 bis 1200 v. Chr. lassen sich in diesen Zeitraum die Ursprünge des Germanischen zurückverfolgen. Während dieser Zeitspanne überlagerten sich im Gebiet Dänemarks die Megalithgräber-Kultur und die Schnurkeramiker-Kultur. Deren Namen basieren auf gefundenen Artefakten. Dabei scheint die nördlicher gelegene Megalithgräber-Kultur nicht indoeuropäischer Abstammung gewesen zu sein, da sich etwa ein Drittel des heutigen deutschen Wortschatzes nicht aus dem indoeuropäischen ableiten lässt. Von ca. 400 bis 250 v. Chr. fand dann die erste Lautverschiebung statt, welche charakterisierend für germanische Sprachen ist. Ab ca. 500 n. Chr. gab es eine zweite Lautverschiebung, welche sich von den Alpen aus ausbreitete. Sie hat es jedoch nicht bis nach Norddeutschland geschafft, woraus sich eine räumliche Zweiteilung in das Hoch- und Niederdeutsche ergab. Aber erst im 8 Jh. n. Chr. gab es dann die ersten dialektischen Verschriftlichungen. Aus solchen Texten gingen langsam gewisse Konventionen hervor, welche verstärkt dialektunabhängig waren. Die räumliche Zweiteilung der deutschen Schrift bestand jedoch weiterhin, bis dann im 16. Jh. die mittel-niederdeutsche Schriftsprache von der früh-neu-hochdeutschen verdrängt wurde. Dies geschah, weil die Oberschicht die niederdeutsche Schriftsprache nicht gut fand.


Plattdeutsch – Eine sterbende Sprache?

Die Geschichte der niederdeutschen Sprache ist hier jedoch nicht zu Ende. Diese verlor zwar massgeblich an Wichtigkeit und war für die meisten Norddeutschen nur noch zweitrangig hinter Hochdeutsch, wurde aber trotzdem teilweise weiter im einfachen Volk verwendet und wird bis heute unter dem Namen Plattdeutsch gesprochen. Jedoch stellt sich die Frage, ob eine solche zweitrangig gewordene Sprache überhaupt noch eine Zukunft hat und wie eine solche aussehen könnte.

Symbolzeichung: Symbolisiert die Zukunft der beiden Sprachen Hochdeutsch und Plattdeutsch im deutschen Sprachraum. Zeichnung: Fabian Rütschi

Niederdeutsch war im 14. und 15. Jh. weit verbreitet. Sogar so weit, dass es in nördlichen Teilen Europas zu einer Verkehrssprache wurde. Ab diesem Zeitpunkt setzte sich dann auch die Bezeichnung ‘Plattdeutsch’ durch. Dieses ging jedoch zunehmend zurück und wurde vom Hochdeutschen verdrängt. Gründe dafür waren einerseits Vorurteile gegenüber dem Plattdeutschen, andererseits die Wirkung, die Martin Luther durch seine Übersetzung der Bibel ins Hochdeutsche hatte. So kam es dazu, dass Plattdeutsch über lange Zeit einen schlechten Ruf genoss und in den Hintergrund rückte. Mittlerweile sind von der EU jedoch Massnahmen ergriffen worden, die dem Erhalt dienen sollen. Ich bin jenen jedoch sehr kritisch gegenüber. Solche Massnahmen können einer Sprache zwar helfen, jedoch nur in dem Umfang, dass der Prozess des Aussterbens verlangsamt wird. Es wird damit kein langfristiges Überleben einer Sprache gesichert. Man kann Menschen nicht vorschreiben, wie sie zu sprechen haben. Schlussendlich bleibt es immer ihre eigene Entscheidung. So wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis Plattdeutsch langsam aus dem Kopf der Menschen verschwinden wird. Solange es jedoch noch existiert, gibt es eine beidseitige Beeinflussung durch und auf das Hochdeutsche. Ein Prozess, den man schon oft in der Sprachgeschichte beobachten konnte, wie z.B. der Einfluss des Lateins auf das Germanische oder die Überlagerung der Megalithgräber-Kultur durch die Schnurkeramiker-Kultur. Das Deutsche wird dabei aber wohl nur in sehr geringem Masse vom Plattdeutschen beeinflusst, da es vergleichsweise wenige Sprecher gibt. Diese Beeinflussung lässt sich gut am Beispiel «Moin» - einer eigentlich plattdeutschen Begrüssung, die ihren Weg in den Duden gefunden hat - erkennen. Durch die frühere starke Ausprägung des Niederdeutschen in Nordeuropa sind heute zudem auch in skandinavischen Sprachen wie Dänisch, Norwegisch oder Schwedisch im Vokabular die Einflüsse des Niederdeutschen erkennbar und ein beträchtlicher Teil des Wortschatzes geht darauf zurück. In Zukunft werden sich aber jene Sprachen durch Veränderungen weiter weg davon bewegen, doch die Ursprünge werden immer dieselben bleiben.

Abschliessend lässt sich sagen, dass Plattdeutsch mit der Zeit wohl untergehen wird. Das ist aber bei so gut wie jeder Sprache früher oder später in irgendeiner Art und Weise der Fall. Denn alle Sprachen werden sich mit der Zeit durch zahlreiche Veränderungen, die sich durchsetzen, ins für uns nicht Wiedererkennbare entwickeln und somit quasi andere Sprachen sein. Aber es gibt keinen Grund traurig zu sein, denn vollständig verschwinden wird Plattdeutsch trotzdem nie. Durch heutige Technologie ist es möglich, eine Sprache in Form einer Audioaufnahme dauerhaft festzuhalten und aufs Internet hochzuladen, was mit Plattdeutsch schon zahlreiche Male geschehen ist. Somit lässt sich sagen, dass das Plattdeutsch wohl immer auf eine gewisse Weise weiterexistieren wird.


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